Betriebliche Altersvorsorge: Die Nachteile, die dir (fast) niemand nennt
Obwohl die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland sehr verbreitet ist, lohnt sie sich in den allermeisten Fällen nicht. Dieser Guide zeigt dir die Nachteile, wie sie funktioniert und wie du herausfindest, ob sie die Investition wert ist.
Dr. Chris ist ein ehemaliger leitender Wirtschaftswissenschaftler und Manager beim Internationalen Währungsfond und der Weltbank. Er ist einer der Mitbegründer von Hypofriend.
Aktualisiert am 28. November 2025
Dr. Chris ist ein ehemaliger leitender Wirtschaftswissenschaftler und Manager beim Internationalen Währungsfond und der Weltbank. Er ist einer der Mitbegründer von Hypofriend.
In Deutschland erhalten die meisten Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber das Angebot einer Direktversicherung, besser bekannt als betriebliche Altersvorsorge (bAV). Das klingt zunächst attraktiv: Ein Sparplan, der sowohl vom Staat als auch vom Arbeitgeber bezuschusst wird. Es fühlt sich oft wie eine verantwortungsvolle Entscheidung an.
In der Realität kann dies jedoch einer der größten finanziellen Fehler sein.
Die wichtigsten Punkte
Hohe Abschlusskosten machen die betriebliche Altersvorsorge besonders für diejenigen unattraktiv, die voraussichtlich einmal den Job wechseln werden. Ein Wechsel führt oft dazu, dass Zuschüsse wegfallen und dein Erspartes zu dem wird, was wir „totes Geld“ nennen – Geld ohne nennenswerte Rendite, auf das du nicht einmal zugreifen kannst. Wenn du den Plan stoppst, hast du die Abschlusskosten (oft in Höhe eines kompletten Jahresbeitrags) bereits verschwendet.
Deine Ersparnisse werden sehr konservativ angelegt und haben eine geringe Rendite, die die Kosten kaum ausgleicht. Diese schlechte Investition ist auf die restriktiven gesetzlichen Vorgaben zurückzuführen. Deswegen lohnt sich die betriebliche Altervorsorge meistens auch dann nicht, wenn du dein ganzes Berufsleben lang bei ein und demselben Arbeitgeber bleibst.
Die Steuervorteile durch Entgeltumwandlung, die den größten vermeintlichen Vorteil der betrieblichen Altersvorsorge darstellen, sind keine echten Subventionen. Es handelt sich lediglich um Steuerstundungen, die du in der Auszahlungsphase teuer bezahlst. Sie resultieren zudem aus Einsparungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen, was wiederum deine gesetzliche Rente schmälert – obwohl diese oft der bessere Deal wäre.
Alternative Strategien wie der Kauf eines Eigenheims (steuerfrei bei Verkauf) oder das Investieren in ETFs über einen effektiven Steuermantel (eine private Rentenversicherung) bringen Ersparnisse oder Renteneinkünfte, die 3–4-Mal so hoch sein können wie die der betrieblichen Altersvorsorge.
Warum die betriebliche Altersvorsorge für Jobwechsler besonders unattraktiv ist
Bei den meisten Verträgen für die betriebliche Altersvorsorge in Form einer Direktversicherung werden satte Abschlussgebühren fällig. Dein Arbeitgeber schließt dabei einen Vertrag mit einer Versicherungsgesellschaft ab, der wiederum dir in Rechnung gestellt wird. Versicherungsunternehmen können dabei in den ersten 5 Jahren bis zu 2,5 % der gesamten zugesagten Versicherungssumme bis zum Rentenalter in Rechnung stellen – und tun dies in der Regel auch.
Ein Beispiel: Wenn du 100 € pro Monat oder 1.200 € pro Jahr investierst und 27 Jahre alt bist, berechnen sich diese Gebühren wie folgt: Renteneintrittsalter 67 - aktuelles Alter 27 → 40 Jahre Ansparphase × 1200 € × 2,5 % Abschlussgebühr = 1.200 €.
Das bedeutet, dass du in den ersten 5 Jahren allein durch die Abschlussgebühr ein komplettes Jahr an Beiträgen verlierst!
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Außerdem erheben die Versicherungsgesellschaften laufende jährliche Gebühren von etwa 1 % auf den Gesamtwert des angesparten Kapitals.
Betriebliche Altersvorsorge privat weiterführen - die Nachteile
Warum sind diese Abschlussgebühren so verheerend für deine Investition? Erstens sind die Gebühren weg, wenn du merkst, dass die Rendite schlecht ist und du aussteigen willst. Zweitens hätte das Geld, das du für die Gebühren zahlst, am längsten für dich arbeiten können. Die 1.200 € Abschlussgebühr aus dem obigen Beispiel wären auf 19.200 € angewachsen, wenn sie über 40 Jahre mit 7,2 % Rendite angelegt worden wären! Drittens: Wenn du den Arbeitgeber wechselst¹ ², fallen alle Subventionen weg, aber die Kosten bleiben bestehen.
Vielleicht denkst du dir jetzt: „Na und? Ich kann doch einfach das Geld abheben und damit die Arbeitgeberzuschüsse mitnehmen, die ich bereits erhalten habe.“ Nicht so schnell.
Eine betriebliche Altersvorsorge kannst du nicht einfach so kündigen, da ja nicht du diesen Vertrag mit der Versicherung hast, sondern dein Arbeitgeber ihn für dich abgeschlossen hat. Nur wenn dein Arbeitgeber mitspielt und die angesparte Summe noch gering ist, ist eine Kündigung möglich. (siehe Tabelle). Ansonsten handelt es sich bei deiner betrieblichen Altersvorsorge bei einem Arbeitgeberwechsel um „totes Geld“.
Selbst wenn du den Vertrag kündigen und dir dein Vermögen auszahlen lassen kannst, musst du sofort Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Deine Gesamtrechnung für die Kündigung wird wahrscheinlich höher sein als das, was du als 'Zuschüsse und Förderungen' erhalten hast, da du durch den wahrscheinlich recht hohen einmaligen Betrag in einen höheren Steuertarif fällst.
Den Verlust bei der gesetzlichen Rente kannst du zudem nicht rückgängig machen.
Vor allem, wenn du die vollen Abschlusskosten noch nicht gezahlt hast, lohnt es sich fast immer, den Vertrag sofort zu kündigen und das Geld rauszuholen. Selbst wenn eine Auszahlung nicht möglich ist, ist eine Kündigung (Beitragsfreistellung) meist besser, da die Nettorendite typischerweise unter 1–2 % liegt. Da die Abschlusskosten bereits angefallen sind, die Rendite aber so niedrig ist und die laufenden Kosten sowie der Verzicht auf Teile der gesetzlichen Rente so hoch zu Buche schlagen, ist das Endergebnis miserabel.
Mit anderen Worten: Nur wenn dein Arbeitgeber sehr großzügig ist (und, sagen wir mal, deine monatlichen Beiträge verdoppelt oder verdreifacht), solltest du eine betriebliche Altersvorsorge überhaupt in Betracht ziehen.
¹ Ein Jobwechsel bedeutet fast immer, dass deine derzeitige betriebliche Altersvorsorge auf eine private Rentenversicherung ohne Zuschüsse umgestellt wird, sodass du dann mit einer teuren Versicherung mit minimaler Rendite dastehst. Eine Übertragung deiner Versicherung auf deinen neuen Arbeitgeber ist zwar theoretisch möglich, faktisch gelingt dies aber nur in den seltensten Fällen.
² Der Gallup Engagement Index berichtet, dass 42 % der deutschen Arbeitnehmer planen, den Job innerhalb von 3 Jahren zu wechseln.
Was macht die direkte betriebliche Altersvorsorge so unattraktiv, auch ohne Jobwechsel?
Die Renditen von Ersparnissen, die in eine betriebliche Altersvorsorge investiert werden, sind schlicht und ergreifend schlecht: Aktuell liegen sie vielleicht bei 0–1 %, wenn man die Kosten und die Minderung der gesetzlichen Rente berücksichtigt. Ein Hauptgrund dafür ist, dass gesetzlich mindestens 80 % der eingezahlten Beiträge garantiert werden müssen. Das bedeutet, dass das Vermögen sehr konservativ angelegt wird, meist in Staatsanleihen.
Vielleicht sagst du dir jetzt: 'Wenn das der Preis für eine garantierte Rendite ist, dann ist das eben so.' Aber urteile nicht zu voreilig. Obwohl Alternativen wie breit gestreute ETFs oder Immobilien keine garantierte Rendite haben, liegt deren Mindestrendite bei langen Haltedauern (über 15 Jahre) im Bereich von 5 % – weit über dem einer betrieblichen Altersvorsorge.
Um Kunden höhere Chancen zu bieten und gleichzeitig Garantien zu gewähren, haben Versicherer komplexe Produkte wie „Index Select“ der Allianz entwickelt. Doch bei genauerer Prüfung machen diese langfristig wenig Sinn. Die folgende Abbildung verdeutlicht das.
Die Rendite dieses bAV-Produkts (rote Linie) ist unter Berücksichtigung des Kleingedruckten – du erhältst keine Dividenden – und der Kosten wirklich schlecht. Im Grunde 1 % jährlich. Und das ignoriert noch die potenziellen Kosten durch die Umschichtung von der gesetzlichen in die betriebliche Rente. Wenn du über einen ETF direkt in den Index investierst (EURO STOXX 50, oberste Linie), erzielst du trotz Schwankungen langfristig eine viel höhere Rendite. Dass das komplexe Index-Select-Produkt eine stabile Rendite liefert (rote Linie), ist ein schwacher Trost: Es ist stabil auf einem außerordentlich niedrigen Niveau.
Du denkst dann vielleicht: „Aber die Steuervergünstigungen sind so hoch, das muss sich doch lohnen!“ Das ist aber ein Trugschluss. Klar, in der ersten Zeit verdoppelt sich dein Geld dadurch fast. Aber im Ruhestand musst du diese Steuersubvention zurückzahlen, plus Sozialabgaben. Zudem sinkt deine gesetzliche Rente. Lass dich also nicht von der vermeintlichen Verdopplung täuschen; faktisch ist es „totes Geld“, unantastbar und mit sehr niedriger Rendite.
Unterm Strich bringt dir die bAV eine Rendite, die deutlich unter der Inflation liegt, und ist kein Weg, deine finanzielle Zukunft zu sichern.
Ein weiterer unerwarteter Kostenfaktor der betrieblichen Altersvorsorge
Ein weiterer Kostenpunkt, der von den Versicherungsunternehmen und -maklern gerne verschwiegen wird, sind die hohen indirekten Kosten in der Auszahlungsphase deiner betrieblichen Altersvorsorge. Wenn du dich dafür entscheidest, dir dein angespartes Vermögen in Form einer garantierten Leibrente auszahlen zu lassen, z. B. um im Ruhestand die Miete zu bezahlen, ist die tatsächliche Auszahlung sehr gering: Für jede 10.000 €, die du angespart hast, erhältst du nur etwa 6.500 € ausgezahlt (wenn man eine durchschnittliche Lebenserwartung von etwa 85 Jahren zugrunde legt).
Das liegt daran, dass dein Kapital in der Rentenphase nicht weiter investiert wird. Das Problem der Garantien gilt nun für 100 % des Kapitals. Außerdem behalten Versicherer große Puffer ein für den Fall, dass Versicherte länger leben. Wenn du deine Rente als monatliche Leibrente beziehst, ist die Summe der Rentenzahlungen oft geringer als der Nennbetrag, den du selbst eingezahlt hast!! Das ist ein ziemlich schockierendes Ergebnis.
Wenn du dir die bAV als Kapitalabfindung auf einen Schlag auszahlen lässt, vermeidest du diese Falle zwar, zahlst aber einen besonders hohen Steuersatz, da du in einen höheren Steuertarif fällst.
In ein Eigenheim zu investieren, ist eine viel bessere Idee für deine langfristige finanzielle Sicherheit!
Erstens ist die Rendite eines Hauses während der Aufbauphase viel höher als die der bAV. Ein Haus bringt typischerweise 3–4 % Wertzuwachs, abzüglich Instandhaltung und Zinsen, plus Mietrendite. Aktuell liegt die Rendite in der Größenordnung von 3 %.
Zweitens ist die steuerliche Behandlung besser: Wenn du die Immobilie selbst bewohnst, ist der Ertrag steuerfrei. Auch beim Verkauf fällt keine Kapitalertragssteuer an (bei Eigennutzung oder nach 10 Jahren Spekulationsfrist).
Drittens bleibt dein Geld im Ruhestand investiert, und deine Rendite besteht darin, keine steigenden Mieten zahlen zu müssen.
Außerdem solltest du Folgendes bedenken:
Da der Wert deiner Immobilie langfristig steigt, entsteht eine großartige Reserve für Notfälle oder zum Vererben.
Schließlich bietet dir ein Eigenheim Sicherheit. Keine Mieterhöhungen, keine Kündigung wegen Eigenbedarf. Du kannst dort eine Familie gründen und ganz entspannt alt werden. Du kannst Haustiere halten, die Wände streichen, wie du willst!
Deshalb macht es so viel mehr Sinn, auf ein Eigenheim zu sparen, anstatt in eine betriebliche Altersvorsorge in Form einer Direktversicherung durch Entgeltumwandlung zu investieren!
Im Großen und Ganzen ist es gar nicht so schwer, die richtige Strategie zu finden:
Es beginnt damit, für dein Eigenheim zu sparen. Die erste eigene Immobilie bringt die beste Rendite und bietet dir auch die beste Altersvorsorge. Außerdem vermeidest du das Risiko von totem Geld, das bei einer betrieblichen Altersvorsorge besteht.
Wenn du bereits eine Immobilie hast oder wirklich günstig zur Miete wohnst und dir die Idee einer Immobilie als Kapitalanlage nicht gefällt, dann ist die zweitbeste Lösung, in ETFs zu investieren. Wir empfehlen dir, dies über eine private Rentenversicherung mit niedrigen Kosten zu tun, um die steuerlichen Vorteile als zusätzlichen Rendite-Booster zu nutzen und so bestmöglich Vermögen für deine Altersvorsorge aufzubauen.
Es sei denn, du bist ein Geschäftsführer und die betriebliche Altersvorsorge kommt ohne die renditeschädliche Beitragsgarantie daher – ansonsten lass die Finger davon. Bleib lieber beim Bankkonto oder investiere in breit gestreute ETFs. Du kannst eine private Rentenversicherung übrigens auch als Sicherheit (Zusatzsicherheit) nutzen, wenn du dein erstes Eigenheim kaufst. Bedenke dabei aber: Wenn die ETFs gerade schlecht performen, musst du vielleicht ein paar Monate länger warten, bis du kaufen kannst.
Wenn du bereits eine direkte betriebliche Altersvorsorge hast, diese aber erst seit ein paar Jahren läuft, hast du wahrscheinlich noch nicht einmal alle Abschlusskosten getilgt. In fast allen Fällen ist es besser, den Vertrag zu kündigen (wenn möglich) oder ihn beitragsfrei zu stellen.
Dr. Chris ist ein ehemaliger leitender Wirtschaftswissenschaftler und Manager beim Internationalen Währungsfond und der Weltbank. Er ist einer der Mitbegründer von Hypofriend.